Das Mediationsgesetz definiert die Mediation als "ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben". Wie so oft kann man aber mit reinen Definitionen, gerade auch wenn sie aus einem Gesetz stammen, so erst einmal nicht viel anfangen.
Im Wesentlichen geht es darum, dass streitenden Parteien (Medianden) im Rahmen eines durch einen Mediator geordneten Gesprächs die Möglichkeit wiedererlangen, selbst ihren Konflikt aufzulösen und gemeinsam nach einer Lösung für ihre Situation zu suchen, mit der alle Beteiligten am Ende zufrieden sind. Genau dies ist durch den Konflikt in aller Regel unmöglich geworden und steht der Zufriedenheit aktuell im Weg. Für diese Situation bietet die Mediation als definiertes Verfahren tatsächlich sehr gute Chancen an.
Wenn nun also vereinfacht ausgedrückt die Mediation als Verfahren zur Wiedererlangung der Kompetenz zur eigenständigen Konfliktbeilegung zu verstehen sein mag, dann stellt sich unweigerlich die Frage: wie geht das?
Es gibt in der Mediationslandschaft eine Vielzahl von Ansätzen, wonach man ein Mediationsverfahren ausrichten könnte. Zunächst einmal ist die Konzeptionelle Unterscheidung von Bedeutung. Das Harvard-Konzept legt dabei den Fokus auf Lösungen, andere Konzepte wiederum betrachten die Interessen oder die Positionen der Medianden. Unser Verständnis von Mediation basiert auf dem Mediationsmodell der integrierten Mediation und richtet sich an dem Nutzen aus, den die Lösung eines Problems oder eines Konflikts für die Medianden innehaben könnte. Diesen Nutzen zu ermitteln, steht im Fokus unserer Mediationsarbeit. Nur wenn ein Lösungsansatz den individuellen Nutzen der Medianden widerspiegelt, stehen diese auch hinter der Lösung und machen sie damit tragfähig.
Um diesen Nutzen nun erkennen zu können, sollen die Medianden im Rahmen einer Mediation einen Prozess der Erkenntnis und des Verstehens durchlaufen, der den Konflikt letztlich auflöst. Daraus resultierend sind die Medianden dann in der Lage, gemeinsam, eigenverantwortlich und konsensual eine am Nutzen ausgerichtete Lösung für ihre jeweiligen Probleme und Konflikte zu suchen und zu finden. Die integrierte Mediation kombiniert auf Grundlage der kognitiven Mediationstheorie viele Aspekte anderer Mediationsmodelle und ist als Art des Denkens in der Lage, mit Komplexität umzugehen.
Die integrierte Mediation hat als Kern einen Erkenntnisprozess zum Gegenstand und beschreibt dabei gleichermaßen als Verfahren die Struktur, die dem jeweiligen Verstehensprozess der Medianden zugrunde liegt. Ausgangspunkt ist dabei der Konflikt, der in aller Regel zunächst einmal auf einer reinen Sachebene zu Tage tritt. Die Medianden sind nun aber nicht mehr in der Lage, auf eben dieser Sachebene miteinander den Konflikt zu lösen. Woran liegt das? Wenn dies so ist, die Medianden also auf der reinen Sachebene nicht mehr in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren, dann ist die Sachebene schlicht durch das emotionale Erleben der Medianden blockiert. Sie haben keinen Zugang mehr zur Sachebene. Hätten sie diesen noch, wäre die Mediation möglicherweise nicht das richtige Verfahren zur Konfliktbeilegung, sondern eher eine Moderation ausreichend.
Wenn nun die Mediation die Struktur für einen Verstehensprozess liefert, stellt sich weiter die Frage, was genau die Medianden verstehen sollen. Die Antwort ist einfach und schwierig zugleich: SICH SELBST UND EINANDER. Verstehen bedeutet in diesem Zusammenhang das rein kognitive Erfassen der Motivation für die eigene Position und die Position des jeweils anderen. Verstehen meint in diesem Zusammenhang nicht zustimmen mit der Position des Anderen, sondern das Erkennen des dahinter stehenden Bedürfnisses.
Die Medianden sollen durch das strukturierte Verfahren der Mediation die hinter ihrem Konflikt stehenden Motive, Interessen und Bedürfnisse erkennen, benennen und dadurch verstehen. Wenn dies erfolgt, offenbart sich gleichermaßen der Nutzen als Kriterium für eine Lösung.
Die Mediation als Verfahren strukturiert diesen Prozess des Verstehens nun in verschiedene Phasen, die jede für sich genommen eine eigene Zielrichtung verfolgt und auf diese Weise in Summe die Voraussetzung für ein Verstehen auf Seiten der Medianden schafft. Aufgabe des Mediators ist es, den Prozess strukturiert ablaufen zu lassen, zu jeder Zeit zu wisse, an welcher Stelle im Prozess man sich befindet und die Medianden zu führen.
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